Dienstag, 8. November 2011

Urteil ohne Akte

Amtsgericht, Strafsache, Unfallflucht. Der Mandant hatte sich bereits selbst gegenüber der Polizei geäußert und Schadenswiedergutmachung angeboten; er habe den Zusammenprall mit dem geschädigten Fahrzeug nicht bemerkt. Der ermittelnde Polizeibeamte hatte in seinen Schlussvermerk immerhin aufgenommen, dass der Unfall für den Mandanten wohl zumindest taktil und visuell nicht wahrnehmbar gewesen sei.

Warum klagt man so etwas eigentlich an? Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft weiß es nicht, denn er kennt die Akte gar nicht. Aus der Hauptverhandlung kennt er bisher nur die Erklärung des Mandanten. Eines aber weiß der Staatsanwalt trotzdem ganz genau: Eine Einstellung des Verfahrens kommt nicht in Betracht. Schließlich steht der Verdacht einer Straftat im Raum, und der Mandant war früher bereits wegen anderer Delikte im Straßenverkehr aufgefallen.

Es sieht ganz so aus, als könne die Staatsanwaltschaft nicht nur auf Beweismittel (siehe hier den Bericht des Kollegen Müller), sondern auch auf die Ermittlungsakten vollständig verzichten.

Hauptsache, es kommt nicht zum Freispruch.

4 Kommentare:

  1. Was finden Sie daran so bemerkenswert, dass Sie diesen Beitrag verfassen?

    Die Ermittlungsakte dürfte beim Gericht liegen. Das Doppel verbleibt in der Behörde. Der Sitzungsvertreter erhält die Handakte. Und Gegenstand der Entscheidung ist der Inbegriff der Verhandlung.

    Seien Sie doch froh, dass die Sitzungsvertreter idR keine Kenntnis vom gesamten Inhalt der Ermittlungsakte haben.

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  2. eingestellt um 3:17 ?
    Hut ab, Herr Kollege.

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  3. Urteile ohne Akten
    Ehen ohne Trauschein
    Jobben ohne Lohnsteuerkarte
    Hundekuchen ohne Hunde
    Regierungen ohne Kompetenzen

    ...Sachen gibt´s...
    Es ist nicht zu fassen.

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